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Schweröl und die nahe Zukunft

Abgase sind ein heikles Problem und auf allen politischen Ebenen ein Dauerthema. Lokal, regional, bundesweit, internatonal - und überall mit zunehmender Brisanz.

Einerseits geht es dabei um den oft rigoros vertretenen Schutz der Umwelt, andererseits um notwendige Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit. Das gilt insbesondere für die Seeschifffahrt samt ihrer spezifischen Infrastruktur. Anhaltender Streitpunkt ist der Einsatz von Schweröl (Bunkeröl) als Standard-Treibstoff im maritimen Frachtgeschäft.

Schweröl ist ein Rückstandsprodukt bei der Raffination von Erdöl und dementsprechend konkurrenzlos preiswert. Aber: Bei seiner Verbrennung werden erhebliche Mengen Ruß, Feinstaub, Stickoxide, Kohlenstoffdioxid und Schwefeloxide emittiert. So sind beispielsweise in der Hafenstadt Hamburg an die 40 % der gesamten NOx-Belastung auf den Schiffsverkehr zurückzuführen.

Verständlich, dass der Ruf nach umweltfreundlicheren Kraftstoffen und anderen Lösungen immer lauter wird. Zumal es sie gibt.

Die politische Lösung

Ab 2020 sollen ausnahmslos Schiffe mit Treibstoff über die Meere fahren dürfen, dessen Schwefelgehalt 0,5 Massenprozent nicht überschreitet. Die Branche hält diese überhastete Terminierung jedoch nicht zu Unrecht für realitätsfern. Ihre Argumente: Die bürokratische Verordnung träfe rund 40.000 Schiffe. Außerdem könnte die notwendige technische Umrüstung schon mal einen siebenstelligen Betrag kosten. Was nicht zur Krise in der Frachtschifffahrt passt.

Und: Bereits seit 2015 sind alle EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, in ihren Hoheitsgewässern, Wirtschaftsräumen und so genannten Emission Control Areas nur noch den Einsatz von Schiffstreibstoffen mit einem Schwefelgehalt von maximal 0,1 Massenprozent zuzulassen.

Die technische Lösung

Die derzeit unter Reedern meistdiskutierte Lösung der Abgasprobleme ihrer Schiffe dürfte der Scrubber sein, eine voluminöse High Tech-Anlage, mit der sich "der verdammte Schwefel" aus dem Abgas herauswaschen lässt.

Solche Waschmaschinen befinden sich momentan in der Entwicklung, in der Erprobung und auch schon an Bord.

Den enormen Platzbedarf außen vor belassen, produzieren die haushohen Scrubber selbst ein Problem: Wohin mit dem kontaminierten Abwasser? In Schutzzonen wie Nord- und Ostsee darf es jedenfalls nicht abgelassen werden. Zum Scrubber selbst addieren sich folglich gewaltige Abwassertanks, die in Häfen geleert werden müssen.

Die Treibstoff-Lösung

Die verzwickte Situation um das künftige Treibmittel für Schiffe nutzt die Gas-Lobby mittlerweile kampagnenartig für ihr Produkt.

Bislang spielt der Gasbetrieb in der Schifffahrt so gut wie keine Rolle. Der Verband Deutscher Reeder sieht den Hauptgrund der mangelnden Akzeptanz indes weniger in den relativ hohen Kosten von Gas als im Preis für die entsprechenden Motoren. Sie würden bis zu 30 % über denen vergleichbarer Dieselaggregate liegen.

Beim Treibstoff Erdgas setzen dessen Vertreter auf eine kontinuierliche Verbilligung - eine Folge des boomenden Frackings.

Doch heute ist heute.

Die Gasbranche glaubt, dennoch ein Schlupfloch in den maritimen Markt hinein ausgemacht zu haben: den Kreuzfahrt-Tourismus. Die Frage, die sich dabei unter dem Strich stellt, ist, ob ein flotter Werbeslogan pro Umweltschutz mehr Umsatz beschert als durch den Raumbedarf für die Gasbunkerung bei den Kabinen verloren geht.

So sehen Reeder den Marinediesel als ökonomischeren Schiffstreibstoff an, einen Brennstoffmix aus mehreren Destillaten, darunter auch Schweröl, und in unterschiedlichen Qualitäten. In welcher auch immer, Marinediesel bedarf keines Scrubbers, zur weitgehenden Abgasreinigung langt ein Harnstoff-Katalysator.

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