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Gibt die Löffelente nun den Löffel ab?

Rechtsstreit Elbvertiefung

Der Streit währt alles in allem nahezu 15 Jahre. Jetzt sieht es so aus, als fände er ein Ende, wie immer es aussehen mag. Es geht um die weitere Vertiefung und teilweise Verbreiterung von 130 km Elbe zwischen Hamburg und Nordsee – und damit um die volle Verkehrsfähigkeit der Wasserstraße auch für künftige Schiffsgiganten mit beispielsweise 20.000 Containern an Bord. Erster unverbindlicher Kostenvoranschlag: 600 Millionen €.

Der Bund, die Hansestadt Hamburg sowie die Schifffahrtsbranche sind für den Ausbau, Naturschutzverbände (als Kläger Nabu und BUND), Fischer und Obstbauern sind dagegen.

Am 19. Dezember 2016 ging die Auseinandersetzung in ihre vermutlich entscheidende juristische Phase. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig setzte drei Verhandlungstage für den Dauerstreit an und wird seine Entscheidung am 9. Februar 2007 bekanntgeben. Nomen est omen: an einem Donnerstag. Ab 10.00 Uhr.

Die Befürworter des Projekts fordern eine Tide-unabhängige Vertiefung der Elbe auf 14,5 m ein. Noch tiefer geht es wegen des Hamburger Elbtunnels sowieso nicht. Aktuell sind es Tide-abhängig 13,5 m.

Bei 14 1/2 Meter Fahrrinnentiefe könnten auch die größten Seefrachter Hamburg mit voll ausgeschöpfter Ladekapazität rund um die Uhr anlaufen. Die momentane Notlösung, einen Teil der Container vorab in Rotterdam, Antwerpen oder auch in England zu löschen, entfiele.

Würde das BVG die Elbvertiefung untersagen, versinkt der Hamburger Hafen in die Bedeutungslosigkeit, ahnt sogar die ferne "Süddeutsche Zeitung". Und das "Hamburger Abendblatt" mahnend: Hamburg ist ein wichtiger Jobmotor der deutschen Volkswirtschaft und der Hafen die größte maritime Güterdrehscheibe der deutschen Exportwirtschaft. Mindestens 150.000 Arbeitsplätze sind gefährdet. Es könnten letztendlich auch 260.000 sein.

Würde das BVG die Elbvertiefung freischalten, hätte das irreparable ökologische Folgen für den Strom und sein direktes Umfeld, sagen Umweltschützer. Ihr Protest im Detail:

  • Die Obstbauern entlang der Elbe befürchten eine Verschiebung der Brackwasserzone und salzigeres Wasser vor ihren Plantagen. Sie brauchen jedoch im Frühling Süßwasser zur Frostschutzberegnung.
  • Die Fischer argumentieren, eine noch tiefere Fahrrinne und eine demzufolge stärkere Strömung brächten ihre leichten Kutter in Schwierigkeiten, Netze und Anker würden höher belastet.
  • Botaniker sehen vor allem den Schierlings-Wasserfenchel in seiner Existenz bedroht, dessen angeblich weltweit einziger Standort der Hamburger Holzhafen sein soll.
  • Tierschützer prophezeien die Flucht der Lachseeschwalbe und eines heringsartigen Fisches namens Finte. Und neuerdings sorgen sie sich, dass auch die Löffelente ihren Brutplatz im Hafen aufgibt und damit den Löffel abgibt.
  • Vorschlag der Umweltallianz: Künftige Container-Giganten sollen sich im sowieso unterfrequentierten Wilhelmshaven erleichtern. Das indes lehnen die Hamburger Reeder ab.

Rüdiger Nolte, Vorsitzender Richter des 7. Senats beim Bundesverwaltungsgericht, führte die dreitägige Verhandlung außerordentlich sachverständig und souverän - und zwang die Hafenseite wiederholt zur nächtlichen Nachbesserung ihrer Argumentation, bremste jedoch auch den übertriebenen Eifer der grünen Kläger. Seinen späten Urteilstermin begründete er lakonisch mit der Zeit, die sich die streitenden Parteien für ihre endgültige Argumentation gelassen hätten.

PS: Richter Nolte mahnte im Verlauf der Verhandlung das überfällige Tempolimit bzw. dessen Überwachung auf der Elbe an. Bund und Hamburg wollten/sollten sie längst wegen der wuchtigen Wasserverdrängung sowie dem Schutz von Flora und Fauna für Schiffe schon ab 90 m Länge eingeführt haben. Das heißt: 15 Knoten auf Höhe Cuxhaven bis 10 Knoten bei Einfahrt in den Hamburger Hafen.

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